
Schorndorf-Schlichten: Zehn Jahre Dorfladen — Erfolgsgeschichte wird gefeiert

Schorndorf-Schlichten. „Da lässt es sich bei einer Tasse Kaffee aushalten“, ruft eine Kundin in die sonnige Terrassenecke vor dem Dorfladen und verschwindet mit ihrem Einkaufskorb. Beisammen sitzen diejenigen, die was zu erzählen haben. Die Freude ist spürbar: Dass sich der Dorfladen seit zehn Jahren in
Schorndorf ‑Schlichten bewährt, sei eine „wahre Erfolgsgeschichte“.
Trotz vielerlei Herausforderungen ist es den Verantwortlichen gelungen, den Dorfladen als feste Größe im Ort zu etablieren. Die Konkurrenz der Discounter und Supermärkte ist zwar riesig, und viele Dorfläden gehen sang- und klanglos unter, nicht so der Dorfladen in Schlichten. Hinter dem Laden stehen eine Genossenschaft und viele engagierte Ehrenamtliche.
Nicht nur Ort des Einkaufens, sondern auch Treffpunkt
Vorstand und Aufsichtsratsmitglieder nehmen das Jubiläum zum Anlass, ihre Begeisterung kundzutun. Ein „herzliches Dankeschön“ gelte dabei den zwei engagierten, hauptamtlichen Mitarbeiterinnen Nadine Wild und Viola Deike, die mit „viel Herz und Hingabe täglich für die Kunden da sind“. Ihr unermüdlicher Einsatz sorge dafür, dass „unser Laden nicht nur ein Ort des Einkaufens, sondern auch ein Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft ist“. In diesem Punkt sind sich Felix Liehr (Aufsichtsrat-Vorsitzender der rund 250 Mitglieder großen Genossenschaft), Achim Lütkemöller (Sprecher des Vorstands), Max Maier (Vorstand) und Jochen Schmid (Aufsichtsrat) einig.
„Nicht umsonst sind wir mit der Auszeichnung ’Dorfladen mit Herz’ prämiert worden“, sagt Jochen Schmid mit Stolz. Großer Dank gebührt zudem den rund zwölf ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. „Ihr Engagement und ihre Unterstützung sind von unschätzbarem Wert und tragen maßgeblich dazu bei, dass wir als genossenschaftlicher Lebensmittelladen bestehen können“, so der Vorstand. Ohne sie wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen. Und — last but not least: „Natürlich möchten wir uns auch bei unserer treuen Kundschaft bedanken. Ihre Unterstützung und Loyalität sind das Fundament, auf dem unser Dorfladen steht.“
2012 ist die Dorfladen-Idee entstanden
Doch wie hat es mit dem Dorfladen eigentlich angefangen? „2012 ist die Idee entstanden. Ein Arbeitskreis ging mit dem Konzept an die Öffentlichkeit“, berichtet Schmid, ein „Mann der ersten Stunde“. Gesucht wurden Bürger und Bürgerinnen, die sich als Gesellschafter mit 50 Euro oder mehr am Projekt beteiligen. Ziel sei es gewesen, mindestens 50.000 Euro zu erzielen. „Ein halbes Jahr später hatte man das Geld zusammen“, so Max Maier. Nächste Frage: Wo sollte der Laden in Schlichten eröffnet werden? Den idealen Standort für einen neuen Zweckbau fand man schließlich neben dem Freibad mitten im Ort. Die Stadt half bei der Finanzierung und legte nochmals 50.000 Euro drauf, die Genossenschaft nahm für den Bau des Ladens zusätzlich einen Kredit auf. „Alle waren sich des Risikos bewusst“, gibt Felix Liehr zu. Zumal das „erste Kernteam“, das sich herauskristallisiert hatte, „so gar nichts mit Lebensmittelproduktion, Verkaufsladenorganisation oder Ähnliches“ zu tun hatte. Man sei nicht blauäugig an das Vorhaben herangetreten, habe sich mit Daten der Konsumforschung beschäftigt und sich bei anderen Dorflädeninformiert. „Sie sehen ja — das Gebäude haben wir mit Pavillonelementen gebaut. Wäre der Plan nicht aufgegangen, hätten wir dies wieder relativ schnell abbauen und für einen anderen Zweck weiterverwenden können“, so Felix Liehr. Im Mai 2015 war die Eröffnung

Einkaufen im Dorfladen: Das Geschäft bietet ein gehobenes Vollsortiment. © Gabriel Habermann
Beginnend mit einem Basissortiment eines Lebensmittelgroßhandels habe man sich „selbst erst sortieren müssen“: Wo liegt der Bedarf? Was ist nötig? Gut zwei Jahre hat es laut Felix Liehr gebraucht, bis man beim heutigen Standard angekommen sei. Brot und Äpfel, Kekse und Käse, Wein, Shampoo und Putzmittel: Mit mehr als 1500 Artikeln gibt es alles für den täglichen Bedarf. Hauptlieferanten seien Edeka und Paxan sowie verschiedene kleinere regionale Firmen. Das Konzept in Schlichten ist aufgegangen. Da die Genossenschaft nicht auf Gewinn angelegt sei, genüge in der Bilanz eine schwarze Null.
Der größte Gewinn ist das Vertrauen ins Produkt
Der größte Gewinn sei, dass die Kunden wüssten, woher die Produkte kommen, und wer der Hersteller ist, so Maier. „Das Vertrauen in das Produkt ist einfach da, wenn man beispielsweise weiß, woher die Eier oder die Wurst kommen.“ Das sei die Stärke des Dorfladens. „Er ist das Herz des Ortes. Hier schlägt der Puls“, beschreibt es Felix Liehr. Das sei auch ein Teil der Motivation, nicht müde zu werden, wenn auch in der Zwischenzeit die ehrenamtlichen Mitarbeiter schwerer zu gewinnen sind.
„Als wir die Genossenschaft gegründet haben, gab es viele Interessenten. Die Begeisterung war groß, jeder wollte auf seine Art und Weise mitmachen“, erzählt Jochen Schmid. Heute sei es ein Problem, genügend Leute zu finden, zumal immer mehr Helfer der ersten Stunde altersbedingt ausscheiden müssten. Gerne würde man jüngere Ehrenamtliche gewinnen, die sich engagieren und auch noch eine weitere hauptamtliche Mitarbeiterin beschäftigen. „Aber ein weiteres Hauptamt könnten wir schlichtweg nicht bezahlen“, gibt der Vorstand zu.
Manche kaufen im Dorfladen fast alles ein
Der Laden läuft — mit Öffnungszeiten von 7.30 Uhr bis 13 Uhr und 15.30 Uhr bis 18 Uhr. Samstags ist von 7 bis 12.30 Uhr geöffnet, mittwochnachmittags geschlossen. Rund 100 Kunden kommen durchschnittlich am Tag. Achim Lütkemöller: „Samstags ist der umsatzstärkste Tag.“ Manche kaufen im Dorfladen fast alles ein.
Aber auch die Schlichtener müsse man ständig daran erinnern, dass der Dorfladen kein Ergänzungsladen sei, in dem man nur mal kurz mitnimmt, was man woanders vergessen hat, sagt Liehr. „Man muss den Leuten klar sagen, dass manche Lebensmittel vielleicht ein bisschen mehr kosten, aber ein gesellschaftlicher und ökologischer Mehrwert geschaffen wird.“ Immerhin gab es auch in Schlichten zwischenzeitlich mehr als zehn Jahre lang keinen Laden mehr. Die Leute mussten nach Winterbach oder Schorndorf zum Einkaufen fahren. „Sie müssen es schätzen, dass es den Dorfladen gibt. Man merkt erst, was einem fehlt, wenn es nicht mehr existiert.“ Die Verantwortlichen sind mehr als überzeugt: „Unser Dorfladen — gut das es ihn gibt.“ Eine Bestätigung für alle: Zehn Jahre sind zehn Jahre. Und das wird am Samstag, 17. Mai, direkt am Dorfladen gefeiert.
- “Auszug aus den Schorndorfer Nachrichten ”